OPCW verschiebt nach Schüssen auf UN-Mitarbeiter Inspektion in Duma

Der Organisation für das Verbot chemischer Waffen ist es aus Sicherheitsgründen weiter nicht möglich, ihre Arbeit im syrischen Duma zu starten. Staatschef Assad bläst derweil zum Sturm auf die letzten Rebellenhochburgen.

Die Untersuchung der internationalen Chemiewaffen-Experten zum mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien verzögert sich immer weiter. Nach Angaben aus der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) verschoben die Experten ihre für diesen Mittwoch angekündigte Inspektion in Duma wegen eines Angriffs auf ein UN-Sicherheitsteam. OPCW-Direktor Ahmet Üzümcü sagte bei einem Treffen am Sitz der Gruppe in Den Haag nach Angaben von Teilnehmern, ein Vorausteam der Vereinten Nationen sei in Duma beschossen worden. Bei dem Zwischenfall sei auch ein Sprengsatz explodiert. Die UN-Mitarbeiter hätten aber unverletzt nach Damaskus zurückkehren können. Das Sicherheitsteam sollte die Lage in Duma erkunden, bevor die Experten der OPCW ihre Untersuchung aufnehmen. Die OPCW soll mit Hilfe von Interviews, Bluttests und Bodenproben vor Ort nach Belegen für den mutmaßlichen Chemiewaffenangriff auf die ehemalige Rebellenhochburg suchen.

Eine mit dem Vorfall in Duma vertraute Person hatte Reuters erklärt, das UN-Team sei mit einem "Sicherheitsproblem" konfrontiert worden, bei dem auch Schüsse gefallen seien. Ein anderer Insider sprach von einer Konfrontation mit Demonstranten, die Hilfslieferungen verlangt hätten. Nachdem Schüsse zu hören gewesen seien, seien die UN-Mitarbeiter abgezogen worden. Die syrische Regierung hatte angekündigt, die OPCW werde am Mittwoch ihre Arbeit aufnehmen, sollten die UN die Sicherheitslage als ausreichend einstufen.

Üzümcü erklärte nun: "Zurzeit wissen wir nicht, wann das Expertenteam nach Duma geschickt werden kann." Dies werde er nur dann in Erwägung ziehen, wenn aus Sicht der UN die Sicherheit gewährleistet sei und das Team "ungehinderten Zugang" zum mutmaßlichen Angriffsort bekommen.

Die als Weißhelme bekannte private Hilfsorganisation in Syrien hat nach eigenen Angaben ihre Informationen über den mutmaßlichen Angriff an die Experten übergeben. "Dazu gehört die genaue Lage der Gräber", erklärte der Chef der Gruppe, Raed Saleh, in einer Textbotschaft an Reuters. Diese sei geheimgehalten worden, um eine etwaige Manipulation der Beweise zu verhindern. Die Leichen hätten angesichts des schweren Bombardements schnell begraben werden müssen. Auch für eine gründliche Identifizierung der Opfer sei keine Zeit gewesen. "Die Priorität bestand darin, die Toten so schnell wie möglich zu begraben", erklärte Saleh weiter.

Die OPCW-Experten waren am Samstag nach Damaskus gereist, um zu klären, ob die syrischen Regierungstruppen in Duma tatsächlich Giftgas eingesetzt haben. Laut örtlichen Helfern wurden bei einem Chemiewaffenangriff in der früheren Rebellenbastion in Ost-Ghuta am 7. April mehr als 40 Menschen getötet. Die USA, Frankreich und Großbritannien flogen daraufhin in der Nacht zu Samstag einen Vergeltungsangriff auf drei Chemiewaffenanlagen. Die syrische Regierung und ihr Verbündeter Russland bestreiten den Einsatz von Chemiewaffen. Elf Tage nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff ist zunehmend fraglich, ob davon in Duma noch Spuren zu finden sind.

Nach der Eroberung Dumas und der letzten Positionen der Regimegegner in ganz Ost-Ghuta sucht Präsident Baschar al-Assad die Entscheidung im Kampf gegen die islamistischen Rebellen und der Terrormilizen des "Islamischen Staats" (IS). Ins Visier genommen werden die Rebellenhochburgen Daraa und Idlib, wohin sich viele Extremisten und ihre Angehörigen abgesetzt haben. Assad kann sich dabei auf die militärische Unterstützung Russlands, des Iran und schiitischer Söldner verlassen.

Am Mittwoch nahmen syrische Regierungstruppen letzte Bastionen der IS-Dschihadisten bei Damaskus unter Beschuss. Die Armee habe IS-Stellungen im früheren palästinensischen Flüchtlingslager Jarmuk und im Viertel Hadschar al-Aswad angegriffen, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. "Das Regime erhöht den Druck vor einem Großangriff, der dem IS das Rückgrat brechen und ihn zwingen soll, aus der Gegend abzuziehen", kommentierte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.

Nach Angaben der oppositionsnahen Organisation wurden bei den Kämpfen insgesamt sechs Menschen getötet, darunter mehrere Angehörige der Assad-Truppen. Außer in Jarmuk sei die IS-Miliz auch in den Vierteln Hadschar al-Aswad, Tadamon und Kadam im Süden der Hauptstadt präsent. (AFP/dpa)