Navid Kermani erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Der Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani (47) erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2015. Kermani sei eine der wichtigsten Stimmen der Gesellschaft, die zwischen den Erfahrungswelten von Menschen unterschiedlichster nationaler und religiöser Herkunft vermittelten, teilte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Donnerstag in Frankfurt und Berlin mit. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird am 18. Oktober zum Ende der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche verliehen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, mit Kermani erhalte ein kritischer Denker und streitbarer Wissenschaftler, Journalist und Autor den Friedenspreis. Der Autor streite unermüdlich für eine weltoffene Bundesrepublik und lebe diese Weltoffenheit selbst.

Die Jury unterstrich, Kermani greife mit großer Sachkenntnis in theologische und wissenschaftliche Debatten ein. «Die Romane und Essays von Navid Kermani, insbesondere aber auch seine Reportagen aus Krisengebieten zeigen, wie sehr er sich der Würde des einzelnen Menschen und dem Respekt für die verschiedenen Kulturen und Religionen verpflichtet weiß, und wie sehr er sich für eine offene europäische Gesellschaft einsetzt, die Flüchtlingen Schutz bietet und der Menschlichkeit Raum gibt.»

Der im nordrhein-westfälischen Siegen geborene Kermani befasst sich vor allem mit Fragen der Mystik, der Ästhetik und der Frage des Leids insbesondere im Raum des Islam. Kermani studierte Islamwissenschaften, Philosophie und Theaterwissenschaft. Neben seiner Tätigkeit als Dramaturg am Theater an der Ruhr in Mühlheim (1994/95) und am Schauspielhaus Frankfurt (1998/99) schrieb er regelmäßig Literaturkritiken und Reportagen. 1994 gründete er in Isfahan das erste internationale Kulturzentrum, das infolge von Spannungen im deutsch-iranischen Verhältnis 1997 wieder schließen musste.

2005 habilitierte er sich im Fach Orientalistik mit der grundlegenden Studie «Der Schrecken Gottes - Attar, Hiob und die metaphysische Revolte». 2014 analysierte er in einer Rede vor dem Bundestag anlässlich der Verkündung des Grundgesetzes vor 65 Jahren dessen normative Kraft und kritisierte zugleich die Asylgesetzgebung.

Die literarischen Arbeiten Kermanis thematisieren wie zuletzt in «Große Liebe» (2014) die Grundfragen und Grenzerfahrungen der menschlichen Existenz wie Liebe und Sexualität, Verzückung und Tod. Wie in «Zwischen Koran und Kafka. West-östliche Erkundigungen» (2014) sind die Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Bücher der Koran und die islamische Mystik. Zudem berichtet er in zahlreichen Reportagen aus Kriegs- und Krisengebieten, die unter anderem in «Ausnahmezustand. Reisen in eine beunruhigte Welt» (2013) erschienen sind.

Kermani lebt seit 1988 in Köln und ist mit Katajun Amirpur verheiratet, die als Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Hamburg lehrt. Das Paar hat zwei Töchter. (KNA)