Der Advokat poetischer Achtsamkeit

Im Alter von 80 Jahren ist am vergangenen Samstag der bekannte libanesische Dichter Fuad Rifka gestorben. Zusammen mit Adonis und Mahmud Darwish zählte er zu den großen Erneuerern der arabischen Lyrik, hatte in seiner Generation jedoch bis zuletzt eine Sonderstellung inne. Ein Nachruf von Stefan Weidner

Von Stefan Weidner

Seine literarische Prägung verdankt Rifka nicht der englisch- oder französischsprachigen Literatur, sondern der deutschen. Ende der fünfziger Jahre war er zum Studium der Philosophie nach Tübingen gegangen und promovierte dort 1965 über die Ästhetik von Heidegger.

Seine zahlreichen Übersetzungen machten die Araber erstmals mit der Lyrik von Hölderlin, Rilke und Trakl bekannt, die auch seine eigene Dichtung prägten.

Vertreter der leisen Töne

Fuad Rifka; Foto: dpa
Der 1930 in Damaskus geborene Dichter und Übersetzer Rifka wurde 2005 mit dem Verdienstorden (Bundesverdienstkreuz) und 2010 mit der Goethe-Medaille ausgezeichnet.

​​Für die Übertragung ins Deutsche schien sie vor diesem Hintergrund besonders geeignet: Vier Lyrikbände liegen von ihm auf Deutsch vor, unter anderm "Das Tal der Rituale" in den Straelener Manuskripten und das "Tagebuch eines Holzsammlers" im Heiderhoff Verlag.

Weit entfernt von der auftrumpfenden Rhetorik vieler anderer arabischer Dichter seiner Generation ist Rifka stets ein Vertreter der leisen Töne gewesen, ein Advokat poetischer Achtsamkeit, dem es gelingt, Tiefe und Einfachheit in unmittelbar verständlichen Texten zu verbinden: Oktober: / Vögel ziehen fort, / treues Geäst winkt, / seine Blätter im Wind / sind Tränen. ("Gemälde")

Einfluss auf die jüngere Lyriker-Generation

Seit den neunziger Jahren wurde er mit seinen Texten auch hierzulande bekannt, war häufig auf Lesungen zu Gast und korrespondierendes Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. Für seine Verdienste um die Vermittlung der deutschen Literatur im Ausland erhielt er, von der Krankheit bereits gezeichnet, im vergangenen Jahr in Weimar die Goethe-Medaille.

In der arabischen Welt tragen die zahlreichen Nachrufe seiner außergewöhnlichen Stellung Rechnung: In seiner Generation ein Außenseiter, prägte er die um eine neue, unprätentiöse Sprache bemühten jüngeren Lyriker umso stärker. Auf deutsch ebenso wie auf Arabisch wird seine Dichtung noch lange gelesen werden.

Stefan Weidner

© Qantara.de 2011

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de