Mit Kursen gegen fauenfeindliche Gewalt - das Beispiel Norwegen

Für Flüchtlinge aus konservativen, patriarchalischen Gesellschaften ist der Umgang von Frauen und Männern in Europa oft ungewohnt und nicht immer leicht zu deuten. Bisweilen erscheint die Art und Weise, wie sich Frauen in Europa kleiden und verhalten, Männern aus Ländern mit einem aus westlicher Sicht entwürdigenden Frauenbild als geradezu schockierend.

Die massenhaften sexuellen Übergriffe in der Kölner Silvesternacht haben ein grelles Schlaglicht auf die Problematik geworfen, die in vielen europäischen Ländern bekannt ist. Nachdem es in Norwegen zwischen 2009 und 2011 eine Gewaltwelle gegen Frauen gegeben hatte, bietet das skandinavische Land seit einigen Jahren spezielle Kurse für Einwanderer an, in denen diese für die europäischen Verhältnisse und den hiesigen Umgang der Geschlechter untereinander sensibilisiert werden.

"Unser Ziel ist es, den Asylbewerbern zu helfen, Fehler und Missverständnisse zu vermeiden, während sie die norwegische Kultur entdecken", sagt Linda Hagen von der Gesellschaft Hero, die 40 Prozent der Asylbewerberheime in Norwegen betreibt. Es könne in einer freien Gesellschaft keine eindeutige Einteilung in richtig und falsch geben, doch müssten Einwanderer Verhaltensweisen tolerieren lernen, "die gemäß gewissen traditionellen oder religiösen Normen als unmoralisch erscheinen können".

Eingeführt wurden die Kurse, nachdem es in Stavanger zwischen 2009 und 2011 eine "Welle von Vergewaltigungen" durch Migranten gegeben hatte. In den Kursen, die in Norwegen Teil des obligatorischen Integrationsprogramms für Einwanderer sind, wird anhand konkreter Beispiele über das Geschlechterverhältnis und über sexuelle Gewalt gesprochen. "Es könnte ein 18-Jähriger sein, der sagt, er sei überrascht über das Interesse einiger norwegischer Mädchen an ihm. Er nehme an, sie wollten mit ihm schlafen", sagt Hagen.

"Da werde der Gruppenleiter ihn fragen: Wer sind diese Mädchen? Wo hast du sie getroffen? Woher weißt du, dass sie Sex wollen? Nicht alle Mädchen in Norwegen sind gleich." Um eine Stigmatisierung von Ausländern zu vermeiden und da es "in allen ethnischen Gruppen Vergewaltiger" gibt, werden auch Norweger als Täter behandelt, sagt Hagen. Die Stiftung Alternative zur Gewalt (ATV) hat eine zweite Kursreihe entwickelt, die noch stärker auf Dialog setzt.

Das Beispiel Norwegen findet in Europa auch Nachahmer. So hat Belgien vor kurzem angekündigt, in den "kommenden Wochen" Kurse einführen zu wollen, die Einwanderer für das Geschlechterverhältnis und andere Aspekte der belgischen Lebensart sensibilisieren sollen.

Kritiker glauben allerdings nicht an den Erfolg solcher Kurse. "Dieses Programm kann kurzfristig nur eine begrenzte Wirkung haben angesichts von Einstellungen aus Ländern, die Frauen unterdrücken", sagt Hege Storhaug von der Gruppe Human Rights Service, die in Norwegen gegen Einwanderung eintritt. Um derartige Einstellungen zu beseitigen, müsse zuerst die Zuwanderung begrenzt werden, um sich darauf konzentrieren zu können, die Neuankömmlinge und die zweite Generation zu unterweisen.

"Die Freiheit der Frauen geht in Europa bereits zurück", kritisiert Storhaug. Besonders muslimische Einwanderer hätten eine Sicht der Frau, die "extrem sexualisiert und entwürdigend ist". Rechte Blogs in Norwegen sind voller Geschichten sexueller Übergriffe durch Muslime, die viele in ihrer Forderung nach einem Aufnahmestopp bestärken. (AFP)