Macron will bis Ende Juni neue Islam-Strukturen in Frankreich

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron will noch in der ersten Jahreshälfte Leitlinien für eine Neustrukturierung des Islams im Land verabschieden. Man arbeite intensiv an dem Projekt und auch daran, es der Bevölkerung zu erklären, kündigte Macron in der Sonntagszeitung "Journal de Dimanche" an. Details verriet er nicht; zunächst stehe die Sacharbeit im Vordergrund. Er spreche viel mit Intellektuellen, Hochschullehrern und Vertretern aller Religionsgemeinschaften im Land.

Ziel ist nach Macrons Worten eine Neujustierung auch des französischen Laizismus. Es müsse möglich sein, zu glauben wie auch nicht zu glauben, um gemeinsam nationalen Zusammenhalt und Gewissensfreiheit zu erhalten, so der Präsident.

Unterdessen macht das Meinungsforschungsinstitut Ifop einen gewissen Bewusstseinswandel der Franzosen gegenüber dem Islam aus. 56 Prozent der Bevölkerung halten ihn laut einer Umfrage für das "Journal de Dimanche" für vereinbar mit den Werten der französischen Gesellschaft. 2016 sei das Verhältnis noch genau umgekehrt gewesen.

Dennoch differiert die Einschätzung unter den Anhängern der verschiedenen Parteien weiter stark. Laut der Erhebung halten 63 Prozent der Republikaner-Anhänger und 62 Prozent der Anhänger des Front National den Islam für unvereinbar mit den französischen Werten. Umgekehrt hielten 73 Prozent der Sozialisten und 58 Prozent von Macrons Regierungspartei Republique en marche ihn für kompatibel.

Ifop befragte die Franzosen auch zur Idee einer Steuer auf Halal-Produkte, um den muslimischen Kultus in Frankreich zu finanzieren. Dagegen sprachen sich 70 Prozent aus, lediglich 29 Prozent dafür.

Der französische Islamrat CFCM vereint traditionell alle Strömungen der Muslime in Frankreich. In den vergangenen Jahren gab es allerdings immer wieder Machtkämpfe zwischen verschiedenen Strömungen.

Mit wohl mehr als fünf Millionen sind Muslime unter den 67 Millionen Bürgern Frankreichs die zweitgrößte Religionsgemeinschaft nach dem Christentum. Angaben zur genauen Zahl variieren. Viele Muslime sind Einwanderer aus den ehemaligen französischen Kolonien in Nordafrika, etwa Algerien, Marokko und Tunesien. Als Zentren des Islam gelten in Frankreich unter anderem die Vorstädte von Paris sowie Lyon, Straßburg und Marseille.

Vertreten werden die französischen Muslime unter anderem durch den 2003 gegründeten islamischen Dachverband "Conseil francais du culte musulman" (CFCM). Der CFCM wirkt unter anderem beim Moscheebau mit und ist zuständig für die Einsetzung der Muftis von Paris und Marseille. Außerdem legt er die Fastentage im Monat Ramadan fest.

Aufgrund der strikten laizistischen Trennung von Kirche und Staat in Frankreich ist das Tragen von Kopftüchern an staatlichen Behörden, Schulen und Universitäten verboten. Seit 2011 ist auch eine Vollverschleierung in der Öffentlichkeit untersagt; sie wird mit 150 Euro Bußgeld geahndet. Zudem können Frauen, die auf öffentlichen Plätzen den islamischen Ganzkörperschleier tragen, zu einem Kurs in Staatsbürgerkunde verurteilt werden.

Nicht nur religiöse Kleidervorschriften, auch islamische Speiseregeln sorgten in Frankreich in der Vergangenheit für hitzige Debatten. Bei Wertedebatten zu Familie und Sexualität zeigten sich zuletzt jedoch auch gemeinsame Nenner von Muslimen und konservativen Christen im Land. Bei der Protestbewegung "Manif pour tous" gegen die Einführung der sogenannten Homo-Ehe gingen 2013 Muslime wie Christen gemeinsam auf die Straße. (KNA)