Leitkultur-Debatte hält an - Kritik vom Kulturrat

Die Debatte um den Begriff Leitkultur und die von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) veröffentlichten Thesen dazu hält an. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, sagte am Dienstag (2.5.2017) in Berlin, er lehne den Begriff Leitkultur ab, da dieser spalte und nicht zusammenführe.

Eine "Initiative kulturelle Integration", an der auch Vertreter des Bundesinnenministeriums mitgearbeitet hätten, wolle am 16. Mai in Berlin 15 Thesen zum Gelingen von Integration vorstellen, kündigte Zimmermann an. De Maiziere werde dort einen Grundsatzvortrag über "Werte, Kultur und gesellschaftlichen Zusammenhalt" halten.

Zimmermann nannte es zugleich "bedauerlich", dass de Maiziere seine aktuellen Thesen unter den Begriff der Leitkultur gestellt habe. Er sei aber froh, dass auch das Innenministerium an der Veranstaltung am 16. Mai festhalte.

An der Initiative sind den Angaben zufolge 28 Gruppen aus Politik und  Zivilgesellschaft beteiligt. Dazu gehören auch Vertreter der Kirchen, des Koordinationsrates der Muslime, des Zentralrats der Juden sowie der Gewerkschaften. Man habe sich im Vorfeld darauf geeinigt, den Begriff Leitkultur bewusst nicht zu verwenden, betonte Zimmermann. Die 15 Thesen sollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) überreicht werden.

Inhaltlich stimme er aber durchaus mit einigen Thesen von de Maiziere überein, so Zimmermann weiter. Er vermisse allerdings wichtige Punkte, die in der Initiative diskutiert worden seien. So spreche de Maiziere nicht von den Rechten, die der Einzelne gegenüber dem Staat habe, wie etwa der Meinungsfreiheit. Auch erwähne er nicht die Gleichheit der Geschlechter oder die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements.

Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck äußerte sich auf Anfrage. Er begrüßte die Debatte um eine deutsche Leitkultur zwar grundsätzlich. Er betonte jedoch, die Diskussion dürfe nicht auf "Stammtischniveau" und nicht nur im Vorfeld von Wahlen geführt werden.

"Wir müssen in unserem Land die Frage besprechen, was wirklich zu unserer Identität gehört. Da ist es wichtig, dass auch die Politik dazu Stellung bezieht", so Overbeck, der auch Sozialbischof der Deutschen Bischofskonferenz ist. Mit Schlagworten wie "Wir sind nicht Burka" habe er dagegen Probleme, weil sie "nicht der Differenziertheit der Bedeutung der Religion für Menschen" gerecht würden. "Was uns keinesfalls hilft, sind irgendwelche Parolen vom Stammtisch."

Mit seinem Vorstoß hatte de Maiziere eine breite Debatte ausgelöst. Während der Minister weitgehend Zustimmung aus der Union erhielt, kam aus der Opposition starker Gegenwind. Kritik gab es auch vonseiten des Koalitionspartners SPD. Gegner warfen ihm Wahlkampf und "Ablenkungsmanöver" vor. (KNA)