Kämpfe in Tripolis: Rund 400 Häftlinge fliehen aus Gefängnis

Dutzende Menschen sterben, Hunderte Kriminelle brechen aus: Die Kämpfe in Libyens Hauptstadt zeigen einmal mehr das Machtvakuum in dem Bürgerkriegsland. Wie realistisch sind eigentlich Wahlen?

Nach anhaltenden Kämpfen in der libyschen Hauptstadt Tripolis ist rund 400 Häftlingen die Flucht aus einem Gefängnis gelungen. Aufgrund chaotischer Zustände angesichts der Gefechte hätten Häftlinge gemeutert, teilte die libysche Polizei am Montag mit. Das Wachpersonal habe sie schließlich ziehen lassen, um das eigene Leben nicht zu gefährden.

In Tripolis kommt es seit einer Woche immer wieder zu Kämpfen zwischen rivalisierenden Milizen. Das Gesundheitsministerium berichtete, 49 Menschen seien ums Leben gekommen und weitere 129 verletzt worden. Die Regierung rief den Notstand aus. Dieser diene dem Schutz der Zivilbevölkerung.

Der Grund für den Ausbruch der Gewalt, in dessen Verlauf neben Schusswaffen auch Granatwerfer zum Einsatz kamen, blieb zunächst unklar. Die Milizen, die sich bekämpft hatten, waren demnach als Unterstützer der Regierung in Tripolis bekannt.

Seit dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 herrscht in Libyen ein Bürgerkriegschaos. Zahlreiche bewaffnete Gruppen bekämpfen sich gegenseitig. Die international anerkannte Regierung in Tripolis konnte ihren Einfluss kaum über die Hauptstadt hinaus ausdehnen. Sie konkurriert mit einer Regierung im Osten des Landes. Beide werden von schwerbewaffneten Milizen unterstützt.

Die EU-Kommission forderte am Montag ein sofortiges Ende der Kämpfe und die Unterstützung aller «legitimen Akteure» für eine langfristige politische Lösung in Libyen unter Vermittlung der Vereinten Nationen. Die Eskalation untergrabe eine ohnehin instabile Lage, warnte ein Sprecher in Brüssel. «Gewalt schürt nur neue Gewalt, zum Schaden des libyschen Volks.»

Für den 10. Dezember sind Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in dem weitgehend anarchischen Land angekündigt. Viele Beobachter zweifeln jedoch daran, dass die Abstimmung wirklich stattfindet.  Bis zum Montag beruhigte sich die Lage in der libyschen Hauptstadt Augenzeugen zufolge wieder etwas, nachdem eine der Milizen ein Kampfgebiet verlassen hatte. Anti-Terroreinheiten aus der benachbarten Handelsstadt Misrata rückten in Tripolis ein, um den Flughafen der Stadt zu schützen. (dpa)