Israelische Marine zwingt Gaza-Flotte zum Abdrehen

Die israelische Marine hat eine propalästinensische Hilfsflotte am Montag daran gehindert, die Seeblockade für den Gazastreifen zu durchbrechen und bis zur Küste des Palästinensergebietes vorzudringen. Marinesoldaten gingen am frühen Morgen in internationalen Gewässern an Bord der "Marianne von Göteborg" und übernahmen die Kontrolle über das Schiff, wie die Armee mitteilte. Das Schiff werde nun in die südisraelische Hafenstadt Aschdod gebracht.

"Gemäß internationalem Recht hat die israelische Marine den Trawler mehrfach aufgefordert, seinen Kurs zu ändern", hieß es in einer Armeemitteilung. Da die Besatzung dies abgelehnt habe, hätten Marinesoldaten die Kontrolle über das frühere schwedische Fischerboot übernommen, um es von einer Verletzung der israelischen Seeblockade des Gazastreifens abzuhalten. Zu tätlichen Auseinandersetzungen kam es nach Angaben der Armee dabei nicht.

Eine Armeesprecherin bestätigte, dass es sich bei dem abgefangenen Schiff um die "Marianne von Göteborg" handelte, das größte Schiff der "Freiheits-Flotte III" für den Gazastreifen. Der zuletzt aus vier Booten gebildete Konvoi mit rund 50 propalästinensischen Aktivisten und Journalisten an Bord wollte, "auf die Verletzung der Rechte von 1,8 Millionen Palästinensern im größten Freiluftgefängnis der Welt aufmerksam zu machen", wie die Organisatoren erklärten.

Zugleich sollten medizinische Ausrüstung und Sonnenkollektoren nach Gaza gebracht werden. Die drei übrigen Schiffe des Konvois mit insgesamt 29 Besatzungsmitgliedern drehten nach der Übernahme des Leitschiffs durch die israelische Marine ab und steuerten nach Angaben der Kampagnensprecherin Ann Ighe in Richtung eines griechischen Hafens. 

Zu den 18 Aktivisten aus neun Ländern an Bord der "Marianne von Göteborg", die in israelischem Militärgewahrsam nach Israel gebracht wurden, gehören der arabisch-israelische Knessetabgeordnete Basel Ghattas, der tunesische Menschenrechtsaktivist Moncef Marzouki, bis Ende 2014 Interimspräsident seines Landes, und die spanische Europaabgeordnete Ana Miranda Paz. Das Schiff soll am späten Montag oder in der Nacht zum Dienstag im militärischen Teil des Hafens von Aschdod eintreffen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gratulierte der israelischen Marine zu dem Einsatz. Die Flotte sei "nichts als eine Demonstration von Scheinheiligkeit und Lügen", die letztlich nur der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Organisation helfe, erklärte Netanjahu. Der Hauptausschuss der Knesset kündigte an, der Abgeordnete Ghattas werde sich vor der Ethik-Kommission des Parlaments verantworten müssen.

Der von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Gazastreifen wird nach Entführungen israelischer Soldaten und Raketenangriffen auf Israel seit mehr als acht Jahren von Israel und zuletzt auch Ägypten streng abgeriegelt. Schiffe dürfen die Küstengewässer weder ansteuern noch verlassen.

Propalästinensische Aktivisten haben bereits mehrfach vergeblich versucht, die Seeblockade zu durchbrechen. Im Mai 2010 enterte ein israelisches Marinekommando das größte Boot einer aus sechs Schiffen bestehenden Hilfsflotte, der "Mavi Marmara", und tötete zehn türkische Aktivisten. Die Beziehungen zwischen Israel und der Türkei sind seither stark belastet.

Die aus Furcht vor einer Remilitarisierung des Gazastreifens von Israel und Ägypten verfügte Drosselung des Güter- und Personenverkehrs wird für die katastrophale Lage in der Palästinenserenklave verantwortlich gemacht. Aber auch die Weigerung der Hamas, die Kontrolle des Gebiets und seiner Grenzen an die international anerkannte Palästinenserregierung in Ramallah zu übergeben, und die Nichteinhaltung eines Teils der internationalen Hilfszusagen tragen nach Angaben von Hilfsorganisationen zur Verschleppung des Wiederaufbaus maßgeblich bei. (AFP)

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