Islamwissenschaftlerin Rabeya Müller: Muslima mit und ohne Kopftuch tolerieren

Die Kölner Islamwissenschaftlerin Rabeyav Müller hat muslimische Gemeinden aufgerufen, Frauen ohne Kopftuch in den eigenen Reihen auszuhalten. Am Kopftuch dürfe nicht die Gläubigkeit einer Frau bemessen werden, sagte sie am vergangenen Mittwochabend bei einem Podium in Bergisch Gladbach. Umgekehrt dürfe die Gesellschaft nicht die Demokratiefähigkeit einer Frau infrage stellen, wenn sie sich selbstbestimmt und aus religiöser Überzeugung für ein Kopftuch entscheide.

Müller, Vizevorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes, betonte, dass Muslima sich frei für oder gegen ein Kopftuch entscheiden können müssen. Sie selbst trage eine Kopfbedeckung und wolle damit Farbe bekennen für ihren Glauben, sagte Müller. Dem islamischen Religionsunterricht komme die Aufgabe zu, Schülerinnen zu einer eigenen Entscheidung in Sachen Kopftuch zu ermutigen und sie zu unterstützen, sich mit ihrem Ja oder Nein zu behaupten. Niemand dürfe sich eine Haltung aufzwingen lassen. Kritik übte Müller an Ländern wie dem Iran oder Saudi-Arabien, die das Kopftuch vorschreiben und keine Entscheidungsfreiheit zuließen.

Kritisch äußerte sie sich über die gesichtsverhüllende Burka. Es sei problematisch, wenn es keinen Blickkontakt zum Gegenüber gebe. Aber auch diese Kleidung müsse in einer Demokratie toleriert werden. Betroffene müssten es aber akzeptieren, dass sie kontrolliert werden, um ihre Identität festzustellen.

Die türkischstämmige SPD-Politikerin Lale Akgün bekräftigte ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Kopftuch. Dieses «Zeichen von Ungleichheit von Mann und Frau» sei ein «Relikt aus alten Zeiten». Nur Männer hätten im traditionellen Islam leitende Positionen inne, «aber Frauen sind dazu auserkoren, das Symbol dafür zu tragen».

Akgün forderte, dass Beamte kein Kopftuch tragen sollten: Der Staat müsse seine Neutralität gegenüber allen Religionen wahren. Ebenso sollten Staatsdiener darauf verzichten, Kreuz oder Kippa zu tragen.

Die frühere Bundestagsabgeordnete kritisierte, dass die deutsche Politik die konservativen islamischen Verbände in der Bundesrepublik als Vertretung der Muslime betrachte. «Den ganzen Verbänden wird der rote Teppich ausgerollt - und das ist verkehrt.» Denn sie repräsentierten gerade einmal 15 Prozent der Muslime im Land, so Akgün. (KNA)

Ein Porträt der Theologin Rabeya Müller bei Qantara.de