Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor: Burka-Verbot wäre unverhältnismäßig

Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor hat sich dagegen ausgesprochen, das Burka-Tragen gesetzlich zu verbieten. Sie halte es für schwierig, in unserer Demokratie so etwas zu beschneiden, sagte Kaddor im ZDF-«Morgenmagazin» am Dienstag. «Ich befürworte die Burka nicht», und sie sehe sie auch nicht als islamische Pflicht an, sagte die Gründungsvorsitzende des Liberal-Islamischen Bundes. Dennoch halte sie ein Verbot für unverhältnismäßig. Nur wenige Frauen in Deutschland seien vollverschleiert, man müsse sie suchen, sagte Kaddor.

Einige Unionspolitiker hatten in der vergangenen Woche erneut gefordert, die Vollverschleierung von Frauen zu verbieten. Die CDU/CSU-Innenminister der Länder kommen Ende dieser Woche zu einer Konferenz in Berlin zusammen. Eingeladen ist auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), der sich mehrfach skeptisch zum Burka-Verbot geäußert hat.

Nicht-staatliche Institutionen sollten selbst entscheiden können, ob sie die Vollverschleierung verbieten wollen, wenn der soziale Frieden dadurch gestört sein sollte, sagte Kaddor. Dazu brauche man kein Gesetz. Zudem wünscht sich Kaddor mehr Differenzierung. Die Gesellschaft unterscheide nicht zwischen dem Schwimmanzug Burkini, der von Frauen mit Kopftuch in öffentlichen Bädern getragen werde, und der Burka. «Der Burkini ist nicht mit der Burka gleichzusetzen», sagte die islamische Religionslehrerin. Die Gesellschaft müsse sich überlegen, ob sie Mädchen, die den Burkini tragen wollten, vom Schwimmunterricht ausschließen wolle, weil sie den Burkini nicht tolerieren wolle, oder ob es wichtiger sei, das Mädchen zu unterrichten.

Der Burkini ist ein Ganzkörperbadeanzug, den muslimische Frauen beim Baden und Schwimmen tragen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte 2013 in einem Urteil festgeschrieben, dass muslimischen Mädchen im Burkini die Teilnahme am gemeinsamen Schwimmunterricht zugemutet werden könne.

Kaddor beklagte auch den Verlauf der Debatte: «In wiederkehrenden Zyklen beschäftigen wir uns mit diesem Thema.» Sie wünsche sich statt über die Burka als vermeintliches Integrationshindernis zu sprechen eine Diskussion über Integration: darüber, was es bedeutet, deutsch zu sein und den Doppelpass zu beantragen. «Ich wünschte, wir wären weiter.» (epd)

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