Islamistischer Terror - blutiger Freitag im Ramadan

Die machtvollste - und makaberste - PR-Aktion, die es gibt, ist eine Terrorattacke. Jetzt schlugen Islamisten auf mehreren Kontinenten gleichzeitig zu. Das Datum ist kein Zufall. Islamisten in aller Welt blicken auf den 29. Juni: Ende dieses Monats besteht das selbsternannte "Kalifat" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) genau ein Jahr. Und kurz vor diesem Datum tun Islamisten das, was ihnen zuverlässig weltweite Aufmerksamkeit beschert: Sie verüben grausame Anschläge - an mehreren Orten gleichzeitig. In Tunesien, Frankreich, Kuwait und Somalia gibt es zahlreiche Todesopfer.

Tunesien: Attacke auf Touristen-Resort

Bei einem Anschlag auf Touristen in der tunesischen Küstenstadt Sousse werden mindestens 37 Menschen getötet, darunter auch Ausländer. Ein Bewaffneter habe das Feuer im Marhaba-Hotel eröffnet - es handele sich um einen "Terroranschlag", teilt das Innenministerium mit. Der Angreifer sei getötet worden.

Alles deutet auf einen islamistischen Hintergrund hin. Die Stadt Sousse im Osten des Landes ist ein beliebter Urlaubsort. Laut der Agentur Reuters sind unter den Opfern Deutsche, Briten und Belgier. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilt den Angriff als "feigen Mordanschlag". Das Auswärtige Amt richtet einen Krisenstab ein. Eine Hotline ist unter der Telefonnummer 030-5000-3000 geschaltet.

Kuwait: Blutbad bei Moschee-Attentat

Bei einem Anschlag auf eine schiitische Gebetsstätte in Kuwait werden mindestens 25 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt. Zu dem Attentat auf die Moschee Al-Imam al-Sadek in der Hauptstadt Kuwait-Stadt bekennen sich die Dschihadisten des IS. Die Opfer werden während des Freitagsgebets von der Attacke überrascht.

Es ist der erste derartige Angriff auf Schiiten in dem Golfemirat. Die sunnitischen IS-Terroristen betrachten die Angehörigen der konkurrierenden Richtung des Islams als Ungläubige. In Kuwait sind rund ein Drittel der 1,3 Millionen Einwohner Schiiten.

Nach einem Angriff auf eine Fabrik für Industriegase bei Lyon wird auf dem Gelände ein abgetrennter Kopf gefunden. Er soll in ein Transparent mit arabischen Schriftzeichen eingehüllt gewesen sein. Zuvor waren Unbekannte mit einem Auto auf das Fabrikgelände gerast und brachten Gasbehälter zur Explosion. Präsident François Hollande spricht von einem Terroranschlag. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden, er sei den französischen Geheimdiensten bekannt.

Zu dem Anschlag, bei dem zwei weitere Menschen verletzt wurden, bekennt sich zunächst niemand. Innenminister Bernard Cazeneuve erklärt am Anschlagsort, der zuerst Festgenommene sei nicht vorbestraft. Er sei aber in der Vergangenheit vom Staatsschutz überwacht worden, weil die Gefahr einer Radikalisierung bestanden habe. Die Polizei habe inzwischen weitere Personen festgenommen, die der Komplizenschaft verdächtigt würden.

Bei einem Angriff der islamistischen Miliz Al-Shabaab auf Soldaten der afrikanischen Friedenstruppe in Somalia (AMISOM) werden zahlreiche Menschen getötet. Die meisten Opfer sollen AMISOM-Angehörige aus Burundi, Dschibuti und Äthiopien sein.

Der Anschlag auf den Militärstützpunkt im südlichen Ort Lego beginnt mit einem Selbstmordattentat. Dann eröffnen schwer bewaffnete Kämpfer der sunnitischen Fundamentalisten - die einen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida bilden - das Feuer. Die genaue Zahl der Opfer ist noch unklar. Es ist der schwerste Angriff von Al-Shabaab in den vergangenen Monaten in Somalia.

Steter Zustrom von Dschihadisten

Trotz der Luftangriffe einer internationalen Militärallianz unter Führung der USA deutet nichts auf eine Schwächung des "Islamischen Staates" hin. Während die Bedrohung durch das Terrornetzwerk Al-Kaida abgenommen hat, ist der IS deutlich stärker geworden. Inzwischen kontrolliert er weite Teile des Iraks und Syriens.

Der IS hat tausende ausländische Kämpfer in seinen Reihen, darunter viele Anhänger aus westlichen Ländern, die die Klaviatur sozialer Medien und die Bildsprache von Hollywood-Schockern im Schlaf beherrschen. Sie führen dem IS als Propaganda-Experten immer neue Milizionäre zu. Auch die jüngsten Anschläge dürften die Popularität der Dschihadisten unter ihren Sympathisanten weiter steigern.

Experten gehen davon aus, dass es den IS noch Jahre geben wird. Das selbsternannte "Kalifat" wurde am 29. Juni 2014 von IS-Führer Abu Bakr al-Baghdadi ("Kalif Ibrahim") ausgerufen. Alle, die ihm keine Gefolgschaft leisten, gelten dem IS als Abtrünnige, die den Tod verdienen - dazu zählen auch Muslime, vor allem Schiiten, also die Anhänger der konkurrierenden Richtung des Islams, der Schia. (dpa/AFP/Reuters, AP)