Islamforscher Olivier Roy: Islamischer Staat folgt Logik der Eskalation

Nach den Worten des französischen Islamforschers Olivier Roy folgt der Islamische Staat mit den Anschlägen von Paris einer Logik der Eskalation. «Nach dieser Logik können sie nun keine Synagoge und keine Zeitung mehr angreifen, denn das wäre ein Remake und somit eher langweilig», sagte er dem «Spiegel». «Sie brauchen mehr Opfer, einen noch spektakuläreren Anschlag.»

Die Terrorangriffe von Paris seien ein Angriff auf die gesamte französische Gesellschaft gewesen, fügte er hinzu. Es habe nicht einmal den Vorwand gegeben, eine bestimmte Gruppe oder Meinung zu treffen wie bei dem Angriff auf die Zeitschrift «Charlie». Das zeige auch die hohe Zahl der Muslime unter den Opfern.

Frankreich ist nach den Worten des Islamforschers wegen seines Eingreifens in Syrien Ziel der Terroristen geworden. Ziel des IS sei ein Bürgerkrieg. «Der IS will, dass westliche Gesellschaften sich von den Muslimen abwenden und anfangen, sie zu bekämpfen.» Zugleich warnte Roy vor Übertreibungen. «Uns hat keine Armee angegriffen, sondern ein Kommando. Das wird jetzt aufgebauscht.»

Präsident Francois Hollande und Premierminister Manuel Valls wollten sich als starke Männer an der Spitze des Staates darstellen, kritisierte Roy. Die Kriegsrhetorik werde seit zwei Jahren immer schriller. «Wenn man sagt, man führt Krieg, dann sollte man auch bereit sein, Krieg zu führen. Und dann darf man sich nicht wundern, wenn die anderen angreifen.»

Roy bezeichnete die Attentäter als «klassische Dschihadisten», Kleinkriminelle und Verlierer. Sie seien nicht vom Islam fasziniert, sondern vom Heiligen Krieg. «Der Dschihad ist mittlerweile die einzige revolutionäre Sache auf dem internationalen Markt.» Als Gegenmaßnahme bezeichnete er die Entwicklung eines französischen Islams, der die Radikalen ihrer religiösen Begründungen beraube. Das sei aber nur sehr langfristig möglich. (KNA)