Interreligiöser Abschlussabend der Lit.Cologne im Kölner Dom: "Ich sehe Gottes Licht"

Das «Hohelied» der Bibel und persische Liebeslyrik im Kölner Dom - geht denn das zusammen? Es geht gut, wie die Lesung zum Abschluss der Lit.Cologne in Köln gezeigt hat. Und alle Texte haben mehr gemeinsam als gedacht. Von Katja Heins

Als die deutsch-iranische Schauspielerin Jasmin Tabatabai die ersten Verse aus Hafis' «Ich sehe Gottes Licht» auf persisch liest, ist es ein besonderer Moment. Die vielen Kehllaute, dazu Wohlklingendes, das doch so fremd ist - wann hat es so etwas im Kölner Dom schon mal gegeben?

«Herzbrand und Tränenstrom, Nachtqual und morgens Trauer, dies alles spendet mir verschwenderisch dein Blick», übersetzt Tabatabai eine Zeile ins Deutsche. Zum Abschluss des elftägigen Literaturfestivals Lit.Cologne steht am Samstagabend unter dem Titel «Er bedecke mich mit Küssen seines Mundes» eingängige Liebeslyrik auf dem Programm.

Es ist ein religionsübergreifender Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen. Das verbindende Element? Ganz einfach die Liebe.

Neben dem «Hohelied» aus dem Alten Testament zitieren die prominenten Vorleser Jasmin Tabatabai, Katharina Thalbach und Gustav Peter Wöhler Zeilen großer persischer Mystiker und Poeten. «Texte aus dem Judentum und Islam in einem christlichen Gotteshaus - ein Dialog, der das Prädikat 'einmalig' verdient», versprach schon die Einladung.

«Ohne dich macht mir das Leben keine Freude, ohne dich schmeckt auch der Tod mir nicht, ohne dich geht es nicht», schmettert Katharina Thalbach mit ihrer markant-knarzigen Stimme auf Deutsch ins Mikrofon.

Gustav Peter Wöhler fügt hinzu:

«Die Perlen, die du aus deinem Munde fallen ließest, ich nahm sie auf,

ich will sie als Ohrgehänge tragen.»

Bei jedem seiner Worte wird sein Atem vor Kälte sichtbar. Es ist eisig im Dom. Die Besucher sind mit Wolldecken gekommen.

Lediglich ein paar Kerzen beleuchten die besondere Szenerie. Schnell wird klar: Ob es Zeilen von Dschelaleddin Rumi, Hafis oder aus dem «Hohelied» sind - es ist immer viel Pathos dabei, Leidenschaft und Leid, es geht um die Existenz, das Überleben. Auch das Motiv der Trunkenheit haben alle gelesenen Texte gemeinsam.

«Lasst uns bei diesem Beisammensein die Zügel Richtung Weinhaus lenken», fordert Hafis auf. Rumi stellt bei einem der Liebe Verfallenen fest: «Ein Gottesmann ist trunken ohne Most».

Im «Hohelied» sind die Liebkosungen «süßer als Wein». Wer einst in der Schule bei Gedichtinterpretationen aufgepasst hat, weiß, dass Wein auch für Weisheit steht.

Domprobst und Hausherr Gerd Bachner fasst den Abschlussabend der 16. Lit.Cologne-Ausgabe kurzerhand ganz weise so zusammen: «Bei all dem Geschehen in der Welt, kann die interreligiös-verbindende Brücke Hoffnung geben.» (dpa)