Hollands Einwandererpartei "Denk": Mit populistischen Methoden gegen den Rassismus

Bei den Wahlen in den Niederlanden tritt zum ersten Mal eine reine Einwandererpartei an: Denk (etwa: Denk nach) steht mit ihren Zielen am entgegengesetzten Ende von Geert Wilders und seiner Anti-Immigrations- und Anti-Islampartei PVV - doch die Methoden ähneln sich. Ihre Kritiker werfen der jungen Partei deshalb vor, ähnlich wie ihr rechtspopulistischer Gegner zu polarisieren und die Gesellschaft zu spalten.

Denk wurde 2015 von den beiden türkischstämmigen Abgeordneten Tunahan Kuzu und Selcuk Öztürk gegründet, die nach Kritik an der Einwanderungspolitik die sozialdemokratische Partei der Arbeit (PvdA) verlassen mussten. "Eine Partei, die ausschließlich von Niederländern mit ausländischen Wurzeln angeführt wird, das ist einmalig", sagt der Politikexperte Sjaak Koenig von der Universität Maastricht.

Denk will ein nationales Register mit rassistischen Begriffen und Erklärungen verbreiten, mit dem sie den institutionalisierten "Behörden-Rassismus" bekämpfen will. Statt einer Integration von Zuwanderern fordert die Partei eine gegenseitige "Akzeptanz" und von den Niederlanden eine förmliche Entschuldigung für die früheren Verwicklungen in den Sklavenhandel.

Nach den jahrelangen Angriffen von Wilders auf den Islam argumentiere Denk vor allem mit dem Gegenvorwurf, "dass Muslime dämonisiert werden", sagt der Historiker Geerten Waling von der Universität Leiden.

Nach seinen Worten vertritt die junge Partei in erster Linie "eine Gruppe ziemlich konservativer Türken". Unter anderem lehne sie den Begriff "Völkermord" für das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich ab - sowie jegliche Beobachtung muslimischer Organisationen. Einige Kritiker sprechen gar vom "verlängerten Arm Erdogans", des türkischen Präsidenten.

Medien und Kritiker werfen der Partei vor, mit ähnlichen Brachialmethoden wie ihr Hauptgegner Wilders auf Stimmenfang zu gehen. Beide sind in den sozialen Netzwerken sehr aktiv und populär. Denk schreckte selbst vor den berüchtigten Internet-"Trollen" nicht zurück, um Gegner zu verunglimpfen - inzwischen entschuldigte sich die Parteiführung dafür.

Wie Wilders und seine PVV verfolgt Denk auch die Strategie, die Medien bisweilen scharf zu attackieren - oder auf schockierende Aussagen zurückzugreifen, wenn sie es damit auf die Titelseiten schafft. Im vergangenen Jahr weigerte sich Tunahan Kuzu öffentlichkeitswirksam, dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei dessen Besuch in den Niederlanden die Hand zu schütteln.

Laut einer Umfrage des Instituts EtnoBarometer wollen rund 40 Prozent der Stimmberechtigten mit türkischen Wurzeln und 34 Prozent mit marokkanischen Wurzeln am 15. März Denk wählen. Die PVV hingegen lag in den Umfragen lange Zeit vorn, büßte zuletzt aber Sympathiewerte ein.

Wilders PVV lasse sich als "Partei des wütenden weißen Manns" beschreiben, sagt Politikforscher Aziz el Kaddouri. Entsprechend sei Denk die "Partei des wütenden dunkelhäutigen Mannes". Viele Einwanderer seien über ihre Stellung in der Gesellschaft frustriert, führt er aus: "Sie sagen, 'wir tun unser Bestes, aber immer wird unterstellt, dass unsere Integration fehlgeschlagen ist.'"

Die Nummer zwei von Denk, Farid Azarkan, weist Kaddouris Charakterisierung zurück: Denk sei eher eine "Partei der enttäuschten Wähler", die mit der traditionellen Politik in den Niederlanden nichts mehr anfangen könnten. Diese seien davon überzeugt, dass die neue Partei "ihrer Stimme endlich Gehör verschafft".

"Denk bedient sich ganz sicher populistischer Methoden, doch würde ich nicht sagen, sie ist eine populistische Partei", sagt der Politikexperte Koening. "Dafür müsste sie viel weiter gehen." Grundsätzlich begrüßt Koening die Existenz einer Einwandererpartei: "Zumindest bringen sie neue Themen in die Politik, und das ist für die Demokratie immer gut." (AFP)

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