Rechte Provokateure gegen islamistische Fanatiker

Sie eifern, sie zündeln, sie sind gnadenlos intolerant: Salafisten und Islamfeinde schaukeln sich in ihrem Hass gegenseitig immer weiter hoch. Doch so eiskalt die rechten Scharfmacher auch vorgehen, der Rechtsstaat muss sie vor Verfolgung schützen. Ein Kommentar von Hans Leyendecker

Von Hans Leyendecker

Islamisten und Islamhasser trennt manches und eint vieles. Sie sind verblendet, sie eifern, sie zündeln – sie wollen um jeden Preis die Eskalation und sind gnadenlos intolerant.

Seit im Mai 2012 radikal-militante Salafisten und islamfeindliche Rechtspopulisten der Kleinpartei Pro NRW aufeinander losgingen, sich Straßenschlachten lieferten und dabei 29 Polizisten verletzt wurden - seitdem hat man schon ahnen können, dass dies nicht das Ende der Gewalt war.

Die Meldung, dass eine Gruppe extremistischer Salafisten angeblich Mordanschläge auf den Pro-NRW-Chef Marcus Beisicht und weitere Mitglieder der Rechtsaußen-Partei geplant haben soll, überrascht nicht völlig und ist dennoch verstörend. Droht demnächst ein Religionskrieg, der mit Messern, Pistolen und Sprengstoff ausgetragen wird?

Erbärmliche Provokateure

Kein Zweifel, Beisicht und seine Splittertruppe sind erbärmliche Provokateure. Sie haben jede Chance gesucht, mithilfe von Anti-Islam-Kundgebungen sowie dem Zeigen von Mohammed-Karikaturen vor Moscheen Hass zu säen und islamistische Fanatiker herauszufordern. Sie wollten die Eskalation und kalkulierten kühl den Fanatismus ihrer Gegner mit ein.

Markus Beisicht vor der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld; Foto: Getty Images
Gewollte Eskalation: "Beisicht und seine Splittertruppe sind erbärmliche Provokateure. Sie haben jede Chance gesucht, mithilfe von Anti-Islam-Kundgebungen sowie dem Zeigen von Mohammed-Karikaturen vor Moscheen Hass zu säen und islamistische Fanatiker herauszufordern", schreibt Leyendecker.

​​Der Anwalt Beisicht ist ihr Vormann. Er saß schon für die Republikaner im Kölner Stadtrat, er verteidigte einen Neonazi, der wegen Volksverhetzung und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole angeklagt war, er ist kein gewöhnlicher Populist.

Er ist ein Radikaler, der allzu gern die "verfolgende Unschuld" spielt, wie Karl Kraus Agiteure wie ihn einst nannte. Beisicht lamentierte früh über Todesdrohungen und eine Fatwa, die islamistische Rechtsgelehrte angeblich gegen ihn erlassen hätten. Nun haben offenbar ein paar verrückte Islamisten im Hinterzimmer genau dies gemacht.

Der Staat muss die rechten Scharfmacher schützen

Aber so eiskalt und idiotisch zugleich die Scharfmacher und Aufwiegler vom rechten Rand auch vorgehen – der Rechtsstaat muss sie vor Verfolgung schützen. Keine Religion, kein Bekenntnis zum angeblich wahren Glauben rechtfertigt Attentate. Gotteskrieger sind keine blutigen Heiligen, sondern Verbrecher.

Mit aller Konsequenz muss der Staat den Salafisten die Grenzen aufzeigen. Dazu können Vereinsverbote, Razzien und permanente Überwachung gehören. In amtlichen Berichten wird der Salafismus im Allgemeinen als eine Art Durchlauferhitzer für den Terrorismus beschrieben, was nicht ganz stimmt. Die Mehrzahl der 4.000 Salafisten in Deutschland will missionieren, nur eine Minderheit träumt vom Krieg.

Es war ein gutes Zeichen, dass sich die bedeutenden Islamverbände in der Vergangenheit von dieser Gruppe distanziert haben. Islamistische Extremisten sind die wahren Feinde des Islam, denn ihre Auftritte befeuern die Stammtisch-Diskussionen, dass Muslime angeblich generell rückständig und gewaltbereit seien. Der Islam gehört zu Deutschland, aber von Fanatikern und Aufwieglern darf sich das Land nicht provozieren lassen.

Hans Leyendecker

© Süddeutsche Zeitung 2013

Redaktion: Arian Fariborz/Qantara.de