Europäischer Gerichtshof bestätigt Flüchtlingsumverteilung

Der EU-Beschluss zur Umverteilung von Flüchtlingen ist rechtmäßig und wirksam zustande gekommen. Auch die Slowakei und Ungarn müssen Flüchtlinge aus Griechenland und Italien aufnehmen, wie am Mittwoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg entschied. Er wies damit Klagen der beiden Staaten ab und stärkte die Handlungsfähigkeit der EU in einer "durch den plötzlichen Zustrom von Vertriebenen geprägten Notlage". (Az: C-643/15 und C-647/15)

Die EU hatte zunächst im Juni 2015 die Umverteilung von 40.000 und am 22. September 2015 von weiteren 120.000 Flüchtlingen beschlossen, die internationalen Schutz benötigen. Dies sollte Griechenland und Italien entlasten. Der EU-Grundlagenvertrag von Lissabon erlaubt bei einer "Notlage" einzelner Länder wegen des Zustroms von Flüchtlingen "vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedsstaaten".

Die Slowakei, Ungarn, Tschechien und Rumänien hatten gegen die Umverteilung gestimmt. Gegen den zweiten Beschluss vom September 2015 klagten die Slowakei und Ungarn. Die Umverteilung sei keine geeignete Reaktion auf die Flüchtlingskrise, zudem reiche der Lissaboner Vertrag als Grundlage hierfür nicht aus. Nur mit einem formellen EU-Gesetz könne eine solche Maßnahme beschlossen werden.

Polen war dem Streit auf Seiten der Slowakei und Ungarns beigetreten. Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Schweden sowie die EU-Kommission unterstützten den beklagten EU-Rat.

Der EuGH wies die Klagen nun ab. Die Umverteilung sei als vorübergehende Maßnahme zulässig und auch geeignet, um Griechenland und Italien zu entlasten. Auch habe der EU-Rat dies nach Anhörung des Parlaments beschließen dürfen. Ein formelles Gesetz unter Beteiligung der nationalen Parlamente sehe der Vertrag von Lissabon hier nicht vor.

Der Vertrag ermächtige die EU-Organe, "sämtliche vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die notwendig sind, um wirksam und rasch auf eine durch den plötzlichen Zustrom von Vertriebenen geprägten Notlage zu reagieren", betonten die Luxemburger Richter. Für einen begrenzten Zeitraum dürften sich Rat und Parlament dabei sogar über EU-Gesetze hinwegsetzen, um eine Notlage in den Griff zu bekommen.

Die Umverteilung sollte eigentlich am 26. September 2017 abgeschlossen sein. Die Maßnahme sei entsprechend den EU-Vorgaben entsprechend zeitlich begrenzt worden, betonte der EuGH. Bislang konnten allerdings noch nicht einmal 30.000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland in andere EU-Länder übersiedeln. Nach dem Luxemburger Urteil steht nun kurz vor Ablauf der Frist fest, dass alle EU-Staaten entsprechend dem Notplan Flüchtlinge aufnehmen müssen, die voraussichtlich dauerhaften Schutz beanspruchen können.

Dabei bezieht sich das EuGH-Urteil nur auf den zweiten Beschluss vom September 2015. Für den vorausgehenden Beschluss zur Umverteilung von zunächst 40.000 Flüchtlingen habe der EU-Rat noch eine einvernehmliche Lösung angestrebt. Bei der Umverteilung weiterer 120.000 Flüchtlinge sei dann aber eine Mehrheitsentscheidung zulässig gewesen. (AFP)