Deutschland und Irak starten UN-Initiative gegen IS-Kulturvandalismus

Angesichts der Zerstörung antiker Stätten durch die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) haben Deutschland und der Irak bei den Vereinten Nationen eine gemeinsame Initiative zur Rettung der Kulturdenkmäler im Zweistromland gestartet. In dem am Dienstag vorgestellten Resolutionsentwurf wird die Staatengemeinschaft nach Angaben der deutschen UN-Vertretung aufgerufen, die Verantwortlichen für "kulturellen Vandalismus" zur Rechenschaft zu ziehen und mit strengeren Gesetzen den Handel mit gestohlenen Kunstschätzen zu unterbinden.

Außerdem wird die internationale Gemeinschaft in die Pflicht genommen, dem Irak bei der Dokumentation und Bewahrung seines antiken Erbes zu helfen. Die Resolution soll den Angaben zufolge in den kommenden Tagen in die UN-Vollversammlung eingebracht werden und könnte dort im Mai angenommen werden. "Der Irak ist eine Wiege unserer gemeinsamen Zivilisation", erklärte der stellvertretende deutsche UN-Botschafter Heiko Thoms. "Wir können es bei dieser Herausforderung nicht alleine lassen."

Die IS-Miliz richtete in den vergangenen Monaten unter anderem Verwüstungen im Museum der Stadt Mossul sowie in den antiken Stätten Nimrud und Hatra an. Die Zerstörungen sind Teil einer systematischen Kampagne der Dschihadisten, das geschichtliche Erbe im Irak und im Nachbarland Syrien auszulöschen. Dabei berufen sie sich auf ein in ihrer extremen Interpretation des sunnitischen Islam verankertes Bilderverbot.

Nach der Zerstörung antiker Kulturschätze im irakischen Mossul hatte die Dschihadistengruppe Islamischer Staat im März ihr Zerstörungswerk in der Ausgrabungsstätte Nimrud fortgesetzt. Nach Angaben des irakischen Antikenministeriums zerstörten die Extremisten die Überreste der antiken Stadt der Assyrer am Ufer des Tigris mit Planierraupen. Die Tat löste weltweit Bestürzung aus, die Unesco verurteilte sie als "Kriegsverbrechen".

"Die absichtliche Zerstörung von Kulturerbe ist ein Kriegsverbrechen", erklärte die Direktorin der UN-Kulturorganisation, Irina Bokova, in Paris. Alle politischen und religiösen Anführer der Region müssten deutlich machen, dass es keine Rechtfertigung für diese Zerstörungen geben könne. Sie habe den UN-Sicherheitsrat und den Internationalen Strafgerichtshof angerufen, erklärte Bokova. Die Dschihadisten zerstörten "systematisch das jahrtausendealte irakische Erbe".

Nimrud liegt am Ufer des Tigris rund 30 Kilometer südöstlich von Mossul. Die im 13. Jahrhundert vor Christus gegründete Stadt gehört zum wertvollsten Erbe der assyrischen Ära. "Der Schaden ist kaum zu bemessen", sagte der Vize-Direktor des Vorderasiatischen Museums in Berlin, Lutz Martin. Die Restaurierung der bis zu 3.000 Jahre alten Skulpturen sei kaum mehr vorstellbar. Der irakische Archäologe Abdulamir Hamdani äußerte die Befürchtung, dass die Extremisten auch die antike Stadt Hatra zerstören.

Gemäß der extremen Interpretation des Islam der Dschihadisten sind Götterbilder und Heiligengräber verboten, da nichts außer Gott selbst angebetet werden dürfe. So hatten die Extremisten bereits die Zerstörung antiker Statuen im Museum von Mossul und an der Ausgrabungsstätte von Ninive begründet.

Der oberste Geistliche der Schiiten im Irak, Großayatollah Ali al-Sistani, verurteilte die Zerstörungen. Diese seien ein weiterer Beweis für "die Rohheit, die Barbarei und die Feindseligkeit (der Dschihadisten) gegenüber den Irakern", hieß es in einer Predigt, die in Kerbela verlesen wurde. Die oberste sunnitische Lehranstalt, die Al-Ashar-Universität in Kairo, sprach von einem "Verbrechen gegen die ganze Welt", das die Geschichte nicht vergessen werde und das einen Verstoß gegen den Islam darstelle.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die "gezielte Zerstörung unseres gemeinsamen Kulturerbes ist ein Kriegsverbrechen, das einen Angriff auf die ganze Menschheit bedeutet". Der Nationale Sicherheitsrat der USA bezeichnete die Zerstörungen als "unverständlich". Die jordanische Königin Rania forderte, die IS-Miliz umzubenennen, da sie "nichts Islamisches" habe. Es handle sich um eine "Bande Verrückter, die uns ins Mittelalter zurückführen wollen". (AFP)