Chemiewaffeninspekteure finden in Syrien Spuren von Sarin-Vorprodukt

Chemiewaffeninspekteure haben in Syrien Spuren von Vorprodukten der Nervengase Sarin und VX gefunden. Angesichts des Fundes habe die Europäische Union (EU) die Sorge, dass Syrien noch immer über Chemiewaffen oder Bestandteile zu ihrer Herstellung verfüge, hieß es in einem Bericht, der am Freitag auf der Website der Organisation für ein Verbot von Chemiewaffen (OPCW) veröffentlicht wurde.

Die Spuren wurden demnach an einem nicht-erklärten Standort gefunden. Lettlands Vertreter bei der OPCW, Maris Klisans, sagte bei einer Sitzung mit anderen Ländervertretern, die EU sei besorgt über den Umgang der Regierung in Damaskus mit der Chemiewaffenfrage. Insbesondere die jüngsten Funde der OPCW-Inspekteure, die Spuren von Vorprodukten von VX und Sarin an einem Standort zeigten, wo sie nicht sein sollten, stünden "hoch oben" auf der Sorgenliste, sagte Klisans im Namen der EU-Staaten. Ein OPCW-Sprecher wollte keine weiteren Einzelheiten nennen.

Syriens Präsident Baschar al-Assad hatte im Oktober 2013 der Vernichtung sämtlicher chemischer Kampfstoffe unter Aufsicht der OPCW zugestimmt, nachdem die USA wegen eines Giftgasangriffs mit bis zu 1.400 Toten nahe der Hauptstadt Damaskus im August 2013 mit einem Militärangriff gedroht hatten. Die ausgelieferten Giftgasbestände - insgesamt 1300 Tonnen - wurden großteils auf einem US-Marineschiff auf hoher See im Mittelmeer unschädlich gemacht.

In den vergangenen Monaten gab es jedoch wiederholt Hinweise auf den Einsatz von Chlorgas in Syrien. Chlorgas wird in der Industrieproduktion eingesetzt und fällt nicht unter das Abkommen zu den Chemiewaffen, kann aber auch als Kampfstoff eingesetzt werden. Westliche Staaten werfen der Regierung in Damaskus vor, Chlorgas bei Angriffen mit Fassbomben eingesetzt zu haben. Russland dagegen sieht keinen eindeutigen Beweis für die Verantwortung der Regierung.

Die USA forderten am Mittwoch den UN-Sicherheitsrat auf, Ermittlungen zu den Berichten zum Einsatz von Chlorgas einzuleiten. Der Rat hatte im April syrische Ärzte angehört, die eindrücklich über Opfer der Angriffe berichtet hatten. Ein Video über die Behandlung von Kindern nach einem Chlorgasangriff ließ mehrere Mitglieder des Gremiums in Tränen zurück.

Unterdessen wurde jüngst die Vernichtung von rund 370 Tonnen Chemiewaffen-Reststoffen aus Syrien in Deutschlandabgeschlossen. Das Material aus syrischen Senfgasbeständen sei in einer Spezialanlage im niedersächsischen Munster "professionell und umweltgerecht" entsorgt worden, teilten das Auswärtige Amt und das Bundesverteidigungsministerium am Montagabend in Berlin mit. Rund fünf Monate dauerte die Entsorgung, die von der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) überwacht wurde.

Im vergangenen Jahr waren chemischen Kampfstoffe aus Syrien auf dem eigens umgebauten US-Schiff "Cape Ray" auf hoher See im Mittelmeer im sogenannten Hydrolyseverfahren mit Hilfe heißen Wassers und verschiedener Zusatzstoffe unschädlich gemacht worden. Die zurückgebliebenen Reststoffe wurden dann unter anderem bei der Gesellschaft zur Entsorgung chemischer Kampfstoffe und Rüstungsaltlasten in Munster abschließend entsorgt. Dazu hatte sich die Bundesregierung auf Anfrage der OPCW bereit erklärt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wertete die Entsorgung nun als Erfolg. "Wir können auch politisch schwierige Probleme lösen, wenn die internationale Gemeinschaft wirklich an einem Strang zieht", erklärte er. "Es war richtig, dass Deutschland dabei Verantwortung übernommen und seine Fähigkeiten eingebracht hat."

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lobte die Bundeswehr, die bei der Aktion "ihre großen Fähigkeiten und Erfahrung in der Kampfmittelbeseitigung unter Beweis gestellt" habe.

Syriens Staatschef Baschar al-Assad hatte im Oktober 2013 der Vernichtung sämtlicher chemischer Kampfstoffe unter Aufsicht der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen zugestimmt, nachdem die USA wegen eines Giftgasangriffs mit bis zu 1.400 Toten nahe der Hauptstadt Damaskus mit einem Militärangriff gedroht hatten. (AFP)