Bundestagspräsident Lammert sagt Treffen mit ägyptischem Präsidenten al-Sisi ab

Bundestagspräsident Norbert Lammert hat ein Treffen mit dem ägyptischen Staatspräsidenten Abdel Fattah al-Sisi abgesagt. In einem Schreiben an den ägyptischen Botschafter in Berlin begründete Lammert dies mit Menschenrechtsverletzungen in dem arabischen Land. Das Treffen war für Anfang Juni im Bundestag vorgesehen.

"Statt der seit langem erwarteten Terminierung von Parlamentswahlen erleben wir seit Monaten eine systematische Verfolgung oppositioneller Gruppen mit Massenverhaftungen, Verurteilungen zu langjährigen Haftstrafen und einer unfassbaren Anzahl von Todesurteilen", zitierte der Bundestagspressedienst aus dem Schreiben Lammerts.

Lammert sagte der Deutschen Welle am Mittwoch in Berlin, er hätte sich im Vorfeld dieses Besuchs "ein eindeutiges Signal der Bereitschaft und Entschlossenheit auch zur demokratischen Weiterentwicklung" von Kairo gewünscht. Ägypten sei ein "wichtiges Land". Tatsächlich eskaliere aber seit Monaten die Verfolgung oppositioneller Gruppen in Ägypten. Zudem sei nahezu die gesamte Spitze der beim Machtwechsel 2012 demokratisch gewählten politischen Führung des Landes nun drakonisch abgeurteilt worden. Auch der frühere Parlamentspräsident Saad al-Katatni zum Tode verurteilt worden.

Lammert forderte Ägypten zu erkennbaren Schritten hin zu einer demokratischen Entwicklung auf. Derzeit könne von einer "belastbaren Absicht zur demokratischen Entwicklung des Landes keine Rede sein". Das entziehe einem Gespräch zwischen ihm als Bundestagspräsidenten und dem Präsidenten "im Augenblick jede Mindestgrundlage"

Die Haltung eines Parlaments solle sich von der Haltung einer Regierung unterscheiden, erläuterte Lammert. So sei es durchaus richtig, dass Regierungen in jedem Falle miteinander Kontakt halten müssten. Aber nach dieser Logik sage er auch: "Parlamente können nur dort miteinander kooperieren, wo es sie gibt. In Ägypten gibt’s keins." Deshalb wisse er nicht, so der Bundestagspräsident, was bei der aktuellen Sachlage zwischen ihm als Präsidenten eines gewählten Parlaments und dem Staatsoberhaupt eines bedauerlicherweise nicht demokratisch gewählten oder geführten Landes "zu bereden wäre". (DPA/DW)

Mehr Beiträge zur Entwicklung in Ägypten finden Sie in unserem "Ägypten-Dossier".

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