Bundesaußenminister Steinmeier will Migranten fürs Auswärtige Amt

Mit dem deutschen Diplomatennachwuchs ist es ein wenig wie mit der Nationalmannschaft unter Berti Vogts. Wie damals, als Deutschlands Fußballer noch Kahn, Kohler oder Matthäus hießen – und von Khedira, Özil oder Boateng keine Rede war. Im derzeitigen Ausbildungslehrgang des Auswärtigen Amts, wo Deutschlands Botschafter von übermorgen ausgebildet werden, heißen die Leute Engels, Schwarz und Neumeyer. Arabische, türkische oder afrikanische Namen: Fehlanzeige.

Das soll sich ändern. Der Außenminister mit dem ebenfalls sehr deutschen Namen Frank-Walter Steinmeier will sein Haus in diesen Zeiten der Globalisierung umbauen. Das AA - ein gigantischer Apparat mit mehr als 11.000 Beschäftigten - soll offener und moderner werden.

Dazu gehört, dass für die Zentrale in Berlin und die 230 Auslandsvertretungen mehr Deutsche mit Migrationshintergrund eingestellt werden sollen. Und zwar mit dem erklärten Ziel, dass sie später auch Spitzenposten bekommen.

«Die Welt um uns hat sich verändert. Und auch unser Land ist im Wandel», sagt der SPD-Mann. «Wir müssen deshalb das Potenzial der Deutschen mit ausländischen Wurzeln besser ausschöpfen.» Anders gesagt: An Legationsräten, die männlich sind, aus einem alten Adelsgeschlecht stammen und einen Dr. jur. tragen, gibt es genug.

Richtig neu ist diese Erkenntnis nicht: Schon der grüne Minister Joschka Fischer (1998-2005) wollte mehr «Diversität». Jetzt soll aber tatsächlich etwas passieren. Steinmeier machte dies gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit deutlich, indem er die Deutsch-Palästinenserin Sawsan Chebli zu seiner stellvertretenden Sprecherin machte. Nicht nur, dass die 35-Jährige von außerhalb kam, was im AA selten genug passiert. Sie ist zudem Muslimin. Auch das ist am Werderschen Markt immer noch die große Ausnahme.

Zwar arbeiten heute fürs AA Leute mit 150 Nationalitäten – auch Doppelstaatler - und den verschiedensten Religionen. Das liegt aber vor allem an den vielen «Ortskräften» draußen in den Botschaften, die nicht zum Stammpersonal gehören und auch keine großen Karrierechancen haben. Dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und der Islam dazu gehört - wenn man sich in der AA-Zentrale umsieht, muss man auf solche Ideen erst einmal kommen.

Zuverlässige Zahlen über den genauen Anteil von Diplomaten mit Migrationshintergrund gibt es bislang nicht. Die Bundesregierung bereitet derzeit eine Umfrage vor, wie das in den verschiedenen Ministerien insgesamt aussieht. Ergebnisse werden im Herbst erwartet.

Fürs Auswärtige Amt - ein sehr begehrter Arbeitgeber – lässt sich zumindest feststellen, dass sich bei den strengen Aufnahmetests vermehrt Akademiker mit ausländischen Wurzeln durchsetzen. Unter den aktuellen Diplomatenschülern finden sich auch Namen wie Berezicki oder Yamato.

Am Dienstag will sich Steinmeier persönlich dafür einsetzen, dass es mehr werden. Der Minister ist dabei, wenn in der AA-Zentrale erstmals mit einer eigenen Konferenz um Bewerber mit Migrationshintergrund geworben wird.

«Für uns ist das keine Frage von Rücksicht oder gar ein gönnerhaftes Angebot an eine vermeintlich schwächere Gruppe», heißt es in seiner Umgebung. «Migranten bringen oft Sprach- und Regionalkenntnisse mit, die für das Auswärtige Amt eine Bereicherung sind. Sensibilität im Umgang mit anderen Kulturen gehört für uns zum Handwerkszeug.» (dpa/Christoph Sator)