Berliner Humboldt-Universität wegen Gründung des Instituts für Islamische Theologie vor wichtiger Weichenstellung

Islamische Theologen sollten eigentlich schon in einem Jahr an der Berliner Humboldt-Universität lehren. Der Zeitplan ist kaum mehr einzuhalten, und das Projekt steht vor wichtigen Entscheidungen.

Die Gründung eines Instituts für Islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität (HU) steht an einem Scheideweg. Mitte Januar werde sich entscheiden, ob der Beirat aus fünf muslimischen Verbänden wie geplant zustande kommt, erklärte jüngst der Gründungsbeauftragte für das Institut, Michael Borgolte.

Zuvor hatte eine Arbeitsgruppe von Berliner Senat, Universität und den Verbänden über die Mitwirkungsrechte des Gremiums beraten. Nach Borgoltes Angaben sind sich die Beteiligten noch nicht in allen Punkten einig. Nun werde die Universität einen Vertragstext ausarbeiten, der Mitte Januar zur Abstimmung stehe. Wenn es bis dann zu keinem Konsens komme, stehe eine andere Zusammensetzung des Beirates zur Debatte.

Das bisherige Konzept für den Beirat ist umstritten. Die Kritik richtet sich vor allem dagegen, dass dort nur Verbände vertreten sein sollen, die einer konservativen Auslegung des Islam zugerechnet werden. Es sind die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), der Zentralrat der Muslime in Deutschland, die Islamische Föderation, der Verband der Islamischen Kulturzentren und die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands.

Im Beirat könnten ihre Vertreter zusammen mit vier Hochschullehrern an der Berufung der Professoren für das Institut mitwirken. Dies werde entsprechend den Rechten erfolgen, wie sie auch die Kirchen für die Theologischen Fakultäten haben, betont Borgolte. Einspruch erheben könnten sie, wenn Hochschullehrer aus ihrer Sicht gegen das Glaubensbekenntnis oder "möglicherweise auch gegen Lebensführung" verstoßen, die für Muslime gälten.

Borgolte verteidigt den geplanten Einbezug gerade dieser Verbände damit, dass der Beirat möglichst viele Muslime repräsentieren solle. Auch der 2010 gegründete Liberal-Islamische Bund, der vier Gemeinden repräsentiert, würde sich jedoch gerne beteiligen. Falls der Beirat in der vorgesehenen Form zustande kommt und "funktioniert", sieht die Vorsitzende des Bundes, Nushin Atmaca, nur "sehr geringe Chancen", noch aufgenommen zu werden.

Unabhängig von der Beiratsfrage wird nach Borgoltes Angaben gleich nach dem Jahreswechsel das Berufungsverfahren für die Professoren des Instituts eingeleitet. Der Beirat müsste dann im Herbst 2018 handlungsfähig sein, wenn die ersten Berufungslisten vorlägen. Demnach kann der Studienbetrieb nicht wie angestrebt zum Wintersemester 2018/19 beginnen, sondern frühestens im Sommersemester 2019.

Als bereits erreichten Fortschritt kann Borgolte die Einigung über die Aufgabenstellung der Instituts-Professuren verbuchen. Sie werden für Islamische Textwissenschaft, Religionspädagogik und Praktische Theologie, Islamisches Recht in Geschichte und Gegenwart sowie - im Rahmen einer Juniorprofessur - für Islamische Religionsphilosophie und Glaubensgrundlagen ausgeschrieben.

Zudem liegt beim Bundesforschungsministerium ein Antrag auf zwei Forschungsprofessuren über Islamische Ideengeschichte von 1200 bis 1800 sowie zu vergleichender Theologie in islamischer Perspektive vor. Der Förderantrag umfasst zudem zwei "Nachwuchsgruppen" von Doktoranden zu Perspektiven religiöser Vielfalt in der islamischen Theologie sowie zu Islamischer Theologie im Kontext von Wissenschaft und Gesellschaft.

Vorrangig sei zunächst jedoch die Entscheidung, welcher HU-Fakultät die Islam-Professuren zugeordnet werden, so Borgolte. Ein solcher Beschluss stehe auch für das geplante Institut für Katholische Theologie an, das nach Verlagerung des Seminars für Katholische Theologie der Freien Universität entstehen soll. Beide neuen Institute sollten dann in einem Zentrum für Theologie und religionsbezogene Forschungen zusammenarbeiten.

Im Islam-Institut sollen die Absolventen in Bachelor- und Master-Studiengängen eine wissenschaftlich fundierte Ausbildung erhalten, die sie zu einem Einsatz als Imame oder Religionslehrer qualifiziert. Bislang werden diese Stellen in Berlin in der Regel mit Theologen besetzt, die im Ausland ausgebildet wurden. Mit dem neuen Institut würde Berlin der sechste universitäre Standort in Deutschland, an dem islamisch-theologische Studien angeboten werden. (KNA)