«Atemberaubende Lektüre» - David Grossman erhält Man Booker Preis

Leben und Leiden in Nahost - das ist das zentrale Thema im Werk von David Grossman. Sein neues Buch sei atemberaubend, urteilt die Jury des internationalen Man Booker Preises.

Der israelische Autor David Grossman und die US-amerikanische Übersetzerin Jessica Cohen haben den internationalen Man Booker Preis 2017 gewonnen. Sie wurden für das Buch «A Horse Walks Into A Bar» ausgezeichnet, wie die Jury am 15.06. in London mitteilte.

Die Auszeichnung zählt zu den wichtigsten Literaturpreisen Großbritanniens. Sie prämiert ausländische Werke, die ins Englische übersetzt wurden. Das Preisgeld von 50 000 Pfund (rund 57 000 Euro) geht je zur Hälfte an Autor und Übersetzer.

«Dies ist ein wichtiges Zeichen der Ehre für unsere Sprache, weil sie etwa 1800 Jahre lang eine «ruhende Sprache» war», sagte Grossman als Reaktion auf die Auszeichnung. «Es ist ein echtes Phänomen, dass die hebräische Sprache in den letzten 120 Jahren wiederbelebt wurde, aus ihrem langen Schlaf erwacht ist und eine Alltagssprache geworden ist.»

Israels Kulturministerin Miri Regev beschrieb Grossman in Anspielung auf den Buchtitel als «siegreiches Pferd». Erziehungsminister Naftali Bennett sagte: «Grossman hat dem Staat Israel viel Ehre eingebracht.» Beide rechtsorientierten Minister äußerten sich nicht zu Medienberichten, denen zufolge die Übersetzerin ihr Preisgeld der israelischen Menschenrechtsorganisation Betselem spenden will, die Israels Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten kritisiert.

Grossman erzählt die Geschichte eines Comedian, der in seiner letzten Vorstellung in einer israelischen Kleinstadt eine tragische Geschichte aus seiner Jugend preisgibt. «Wir waren überwältigt von Grossmans Bereitschaft, sowohl emotionale als auch stilistische Risiken einzugehen», erklärte die Jury. Es handele sich um eine schockierende und atemberaubende Lektüre. Das Buch ist unter dem Titel «Kommt ein Pferd in die Bar» (Hanser) auch auf Deutsch erschienen.

In seinem literarischen Werk spiegelt der 63-jährige Autor und Friedensaktivist Grossman das Leben und Leiden in Nahost. Seine Bücher behandeln Krieg, Terror und die immer wieder enttäuschten Hoffnungen auf Frieden in der Region. In «Aus der Zeit fallen» (2013) schrieb er über die Trauer enger Angehöriger - sein eigener Sohn Uri war 2006 im Libanonkrieg getötet worden. 2010 erhielt Grossman den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Die Shortlist war prominent besetzt, unter anderem hatten es Mathias Énard, Gewinner des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung, mit «Kompass» sowie der Israeli Amos Oz mit «Judas» in die Endauswahl geschafft. Zu den Finalisten zählten auch die Argentinierin Samanta Schweblin, der Norweger Roy Jacobsen und die Dänin Dorthe Nors. Im vergangenen Jahr hatten die Südkoreanerin Han Kang und ihre britische Übersetzerin Debbie Smith den Preis für das Buch «The Vegetarian» gewonnen. (dpa)

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