Anti-AfD-Protest: Mainzer Theater und Polizei wollen nach Anzeige gemeinsam musizieren

Das Mainzer Staatstheater und das rheinland-pfälzische Landespolizeiorchester wollen im kommenden Jahr gemeinsam ein Benefizkonzert für Flüchtlinge geben. Das mit Innenminister Roger Lewentz (SPD) verabredete Konzert sei ein Zeichen dafür, dass es keine Konfrontation zwischen dem Theater und der Polizei gebe, sagte Theaterintendant Markus Müller der «Allgemeinen Zeitung» Mainz (Samstagsausgabe). Eine musikalische Störaktion gegen eine Demonstration der AfD am 21. November hatte dem Mainzer Staatstheater eine Strafanzeige der Polizei eingebracht.

Während der AfD-Kundgebung mit 300 Teilnehmern auf dem zentralen Mainzer Gutenbergplatz hatten 120 Mitarbeiter des Theaters mehrfach bei offenen Fenstern die erste Strophe von Beethovens «Ode an die Freude» gesungen. Die kurzfristig anberaumte Probe war nach Polizeiangaben so laut, dass die AfD ihre Redebeiträge mehrfach unterbrechen musste. Wegen grober Störung einer genehmigten Kundgebung erstattete die Polizei Strafanzeige. Daraufhin sah sich die Polizei nach Angaben eines Sprechers einer Flut überwiegend kritischer Reaktionen ausgesetzt.

Die Einsatzleitung habe jedoch keine andere Möglichkeit gesehen, als den Protestgesang zur Anzeige zu bringen, sagte der Sprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd). Anderenfalls hätten sich die Beamten wegen Strafvereitelung im Amt selbst strafbar gemacht. Die Störungen seien so massiv gewesen, dass es sich nicht mehr um eine reine Ordnungswidrigkeit gehandelt habe. Ob die «Ode an die Freude» juristische Folgen für die Theaterleitung hat, muss nun die Staatsanwaltschaft entscheiden.

Das Theater habe nach der Aktion und der Anzeige enormen Zuspruch aus dem ganzen Land erhalten, aber auch einen «rechten Shit-Storm» durchlebt, sagte eine Sprecherin des Theaters dem epd. Intendant Müller berichtete am Freitagabend in einer Talkshow des SWR, einige Tage nach der Aktion seien offenbar Neonazis vor seinem Privathaus aufgetaucht. «Da waren vier glatzköpfige Männer und fotografierten das Haus, in dem ich wohne.»

Rückendeckung erhielt das Ensemble vom Mainzer Kulturstaatssekretär Walter Schumacher und Oberbürgermeister Michael Ebling (beide SPD). Er könne den Vorgang als Vertreter der Landesregierung zwar nicht juristisch bewerten, begrüße es jedoch, wenn die Kulturszene «Haltung zeige», noch dazu, wenn dies mit musikalischen Mitteln geschehe, sagte Schumacher dem epd. Ebling sagte, er zolle allen Mainzern Respekt, die am Samstag gegen die AfD protestiert hätten. Die Gegendemo mit etwa 1.000 Teilnehmern sei ein «Statement der Stadt» gewesen. (epd)

Hier ein Auszug aus der angeblich "groben Störung" bei der AfD-Kundgebung bei youtube