Ängste ab- und Brücken aufbauen: Tag der offenen Moschee

Zum 21. Mal laden muslimische Gemeinden am 3. Oktober zum "Tag der offenen Moschee". Dass die Wahl 1997 auf den Tag der deutschen Einheit fiel, meinte wohl zweierlei: Wir identifizieren uns mit diesem Land, lautet die eine Botschaft. Wir fordern einen gleichberechtigten Platz in dieser Gesellschaft, ist die andere. Jedes Jahr nutzen nach Angaben des Koordinationsrates der Muslime (KRM) rund 100.000 Besucher die Gelegenheit, ein islamisches Gotteshaus von innen zu sehen und vielleicht bei einem Glas Tee mit Muslimen ins Gespräch zu kommen, Vorurteile abzubauen und in die islamische Kultur einzutauchen.

Ängste ab- und Brücken aufbauen soll der Tag, das wünschen sich die Veranstalter. An der geringen Akzeptanz für die Religion Mohammeds hierzulande hat er bisher wenig ändern können. Laut einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr finden 70 Prozent der Deutschen, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört. Der Streit um Spitzelaktionen des türkisch-islamischen Verbands Ditib, der rund 900 Moscheen unterhält, gegen Kritiker von Präsident Erdogan machte die Situation nicht einfacher.

Umgekehrt steigert der Wahlerfolg der AfD aber auch die Verunsicherung unter Muslimen. Die Partei stehe gegen "unsere gemeinsamen deutschen Werte", so der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, am Donnerstag in einem Interview. AfD-Wähler ausschließen würde er am 3. Oktober aber nicht: "Jeder ist willkommen, egal welche Partei er gewählt hat. Wir machen ja keine Gesinnungskontrolle am Eingang."

Mit Führungen und Podiumsdiskussionen wollen die Moscheegemeinden einmal mehr Offenheit demonstrieren. Mehr als 1.000 Moscheen und Gebetsstätten beteiligen sich laut KRM an dem Aktionstag. In diesem Jahr steht er unter dem Motto "Gute Nachbarschaft - bessere Gesellschaft". Die intensive Pflege der guten Nachbarschaft werde in der islamischen Tradition groß geschrieben, hieß es in der Einladung des KRM. "Muslime folgen dabei dem Ausspruch des Propheten: 'Wer satt zu Bett geht, während sein Nachbar hungert, ist nicht von uns.'" Gerade in gesellschaftspolitisch aufgewühlten Zeiten komme es auf Zeichen des Zusammenhalts an.

Doch gerade der Bau von Moscheen stellt die Beziehungen zwischen Muslimen und Mehrheitsgesellschaft immer wieder auf die Probe. Von den etwa 2.800 Moscheen und Gebetsstätten in Deutschland sind 350 als solche erkennbar. Oft folgen sie der türkisch-osmanischen Architektur mit Kuppel und Minarett. Inzwischen gibt es neben den unzähligen "Hinterhofmoscheen" etliche Großbauten mit Platz für mehr als 1.000 Gläubige wie in Duisburg, Mannheim, Köln oder Bremen.

Der Unmut von Anwohnern fängt oft mit der Angst vor Lärmbelästigung an - inzwischen lassen rund 30 Moscheen zumindest tagsüber den Muezzinruf ertönen - und hört beim Streit um Minaretthöhen noch nicht auf. Auch die Finanzierung von Moscheebauten aus dem Ausland, aus der Türkei oder den Golfstaaten nebst importierten Imamen ohne Deutschkenntnisse erregt Misstrauen. Viele fragen sich: Welcher Islam soll da installiert werden? Kann der vielbeschworene Euro-Islam so gelingen?

Bis auf baurechtliche Fragen steht der Errichtung von Moscheen in Deutschland kaum etwas entgegen. Dagegen ist der Bau von Kirchen in den meisten islamischen Ländern entweder ganz verboten oder streng reglementiert. Von den vier im KRM zusammengeschlossenen Islamverbänden, die immer wieder auf das Prinzip der Religionsfreiheit pochen, wenn es um den Bau eigener Gotteshäuser geht, hört man dazu wenig. Sie vertreten etwa 15 Prozent der Muslime in Deutschland, tragen aber den größten Teil der hiesigen Moscheegemeinden und sind deshalb Hauptansprechpartner für die Politik.

Allerdings stehen sie für ein konservativ-traditionelles Islamverständnis. Geht es um Parallelgesellschaften und Schwierigkeiten bei der Integration, werden immer wieder Vorwürfe laut, die Verbände seien Teil des Problems statt der Lösung. Das macht die jährliche Einladung in ihre Gotteshäuser erst recht zu einer wichtigen Gelegenheit für den Dialog. Der Tag der offenen Moschee gehört inzwischen zu Deutschland. (KNA)